Seit im Jahr 1998 Baupläne aufgefunden wurden, die belegten, dass Gustav Klimt ein Gartenhaus in der Hietzinger Feldmühlgasse in den Jahren 1911–1918 als Atelier verwendete, flammen immer wieder Diskussionen um die zukünftige Nutzung des Areals und der mittlerweile darauf befindlichen neobarocken Villa auf.Im Jahr 2000 zog die langjährige Mieterin des Anwesens, die HTL Spengergasse, aus; die Villa wurde auf die „Liste der historischen Objekte“ gesetzt und ging ins Eigentum der Republik über. In den folgenden Jahren bemühte sich das ÖVP-geführte Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit immer wieder um den Verkauf der wertvollen Liegenschaft und scheiterte dabei am Widerstand der Zivilgesellschaft, wobei sich insbesondere der Verein Gedenkstätte Gustav Klimt nachhaltige Verdienste erwarb.Im April 2007 meldete die Österreichische Galerie Belvedere Bundesbedarf an, weshalb der seit 2002 bestehende Prekariumsvertrag mit dem Verein Gedenkstätte Gustav Klimt aufgelöst wurde und die Zuständigkeit für das Gebäude an jenes Bundesmuseum überging. Die Pläne der neuen Belvedere-Direktorin Agnes Husslein, die Villa auf den Bauzustand von 1923 rückzuversetzen, ließen sich aufgrund des Einspruchs von Öffentlichkeit, Bezirksvertretung Hietzing und Burghauptmannschaft allerdings nicht realisieren. Das Belvedere verzichtete daraufhin auf seinen Anspruch, und so übertrug das Wirtschaftsministerium die Liegenschaft Ende 2008 im Wege eines Fruchtgenussvertrags dem der Waldorf-Pädagogik verpflichteten Comenius-Institut, dessen Rechtsträger das Kuratorium für künstlerische und heilende Pädagogik unter seiner Präsidentin Elisabeth Rössel-Majdan ist.

Seit 2009 steht die Klimt-Villa unter Denkmalschutz, und nach einer längeren Renovierungsphase wurde im Herbst 2012 das Klimt-Atelier feierlich eröffnet und ist nun an drei Tagen pro Woche für die Öffentlichkeit zugänglich. Anfang Mai 2014 erhielt der Verein Gedenkstätte Gustav Klimt den European Nostra Award, der von der Europäischen Union an Einzelpersonen oder Institutionen verliehen wird, die sich um den Schutz, die Erhaltung und die Erhöhung der Wahrnehmung des kulturellen Erbes verdient machen.

Dies hinderte die Wiener ÖVP und die Bezirksvorstehung Hietzing jedoch nicht daran, immer wieder über den Verkauf und über Änderungen der Flächenwidmung des Areals nachzudenken – immerhin befinden sich Klimt-Villa und -Garten in bester Unter St. Veiter Lage. Auch ein Beschluss des Wiener Gemeinderates vom 24. März 2014, dem zufolge besondere Bebauungsbestimmungen für die Villa gelten und die Grünflächen unverändert zu bleiben haben, hat nicht für die Beruhigung der alarmierten Öffentlichkeit gesorgt.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1) Welche Geltungsdauer hat der 2008 zwischen Comenius-Institut und Bund abgeschlossene Fruchtgenussvertrag betreffend die Liegenschaft Feldmühlgasse 11?

Antwort des Bundesministers:

Der zwischen dem Bund und dem Verein Kuratorium für künstlerische und heilende Pädagogik abgeschlossene Fruchtgenussvertrag hat eine Geltungsdauer von 20 Jahren.

2) Unter welchen Bedingungen kann dieser Vertrag gelöst werden?

3) Unter welchen Bedingungen kann einer der beiden Partner den Vertrag kündigen?

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 2 und 3:

Der Bund ist berechtigt, den Vertrag mit sofortiger Wirksamkeit aufzulösen, wenn

a)der Verein trotz einer nach Eintritt der Fälligkeit erfolgten einmaligen Mahnung mit mindestens vier wöchiger Nachfristsetzung mit der Bezahlung des Fruchtgenussentgeltes im Rückstand ist;

b)die Zwangsverwaltung des Fruchtgenusses angeordnet wird;

c)über das Vermögen des Vereines ein Insolvenzverfahren eröffnet wird oder die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Vermögens abgewiesen wird;

d)der Verein aufgelöst wird;

e)wenn die Vereinsstatuten in dem Ausmaß geändert werden, dass der in den derzeit geltenden Statuten des Vereines angeführte Vereinszweck wesentlich geändert wurde;

f)der Betrieb der Gedenkstätte nicht innerhalb von acht Monaten ab Wirksamkeit des Vertrages durch den Verein oder durch Dritte aufgenommen wurde;

g)nach Aufnahme des Betriebes der Gedenkstätte der Betrieb der Gedenkstätte für mehr als sechs Monate unterbrochen oder eingestellt wurde, ausgenommen die durch Investitionstätigkeiten des Bundes veranlassten Einstellungen oder Unterbrechungen;

h)die bedungenen Mindestanforderungen an den Betrieb der Gedenkstätte trotz Setzung einer angemessenen mindestens vier wöchigen Nachfrist schuldhaft nicht erfüllt werden;

i)wenn der Verein eine wesentliche Verpflichtung aus diesem Vertrag trotz Setzung einer angemessenen mindestens vier wöchigen Nachfrist schuldhaft nicht erfüllt, soweit diese Nachfristsetzung nach Art der Vertragsverletzung möglich ist;

j)ein sonstiger in diesem Vertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt;

k)der Vertragsgegenstand nicht zu dem vertraglich bedungenen Verwendungszweck verwendet wird;

l)der Verein vom Vertragsgegenstand einen erheblichen nachteiligen Gebrauch macht.

Darüber hinaus sind beide Vertragsparteien berechtigt, vom Vertrag unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist jeweils zum 30. Juni und 31. Dezember zurückzutreten, wenn der andere Vertragspartner eine wesentliche Verpflichtung aus diesem Vertrag trotz Setzung einer angemessenen, mindestens vierwöchigen Nachfrist schuldhaft nicht erfüllt, soweit diese Nachfristsetzung nach der Art der Vertragsverletzung möglich ist.

4) Unter welchen Bedingungen sind vertragliche Änderungen möglich?

Antwort des Bundesministers:

Alle Änderungen, Ergänzungen und Nebenabreden zu diesem Vertrag haben nur Gültigkeit, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Die gänzliche oder teilweise entgeltliche oder unentgeltliche Weitergabe des Vertragsgegenstandes, der Gebäude oder einzelner seiner Räumlichkeiten, ausgenommen die Überlassung der Räumlichkeiten im Erdgeschoß der sog. Klimt-Villa zum Betrieb der Gedenkstätte, bedarf der schriftlichen Zustimmung des Bundes. Ferner bedarf die Belastung des Vertrags-gegenstandes der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Bundes.

5) Unter welchen Bedingungen lassen sich die Öffnungszeiten des Klimt-Ateliers und die Zugänglichkeit des gesamten Areals erweitern? Wären hierfür Eingriffe in den Fruchtgenussvertrag notwendig?

Antwort des Bundesministers:

Die vertraglich festgelegten Öffnungszeiten der Gedenkstätte und die Zugänglichkeit zum Areal sind Mindestanforderungen. Eine diesbezügliche Erweiterung durch den Betreiber der Gedenkstätte ist jederzeit auch ohne Zustimmung des Bundes möglich. Eingriffe in den Fruchtgenussvertrag im Falle einer solchen Erweiterung wären daher nicht notwendig.

6) Welche Pläne hat Ihr Ministerium oder die Burghauptmannschaft hinsichtlich der Liegenschaft für die Zeit nach dem Auslaufen des Vertrages mit dem Comenius-Institut?

7) Welche Pläne hat Ihr Ministerium oder die Burghauptmannschaft hinsichtlich der Nutzung der Nebengebäude auf dem Grundstück?

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 6 und 7:

Derzeit geplant ist die Fortführung des bestehenden Fruchtgenussvertrages oder der Abschluss eines neuen Fruchtgenussvertrages unter Aufrechterhaltung der geltenden Rahmenbedingungen, d.h. Verpflichtung zum Betrieb der Gedenkstätte und Nutzung der Nebengebäude als Behindertenwerkstätte bzw. eine dem Allgemeininteresse dienende adäquate Nutzung.

8) Wie hoch ist der jährliche Betrag, den das Comenius-Institut bzw. das Kuratorium für künstlerische und heilende Pädadogik gemäß Vertrag dem Bund für den Fruchtgenuss an der Liegenschaft zu überweisen hat?

Antwort des Bundesministers:

Das jährliche Fruchtgenussentgelt beträgt € 22.050 zuzüglich USt. und ist wert-gesichert.

9) Würden Sie es für sinnvoll halten, die Flächenwidmungs- und Bebauungsbestimmungen betreffend die Liegenschaft zu lockern und diese sodann an den Höchstbietenden zu verkaufen?

Antwort des Bundesministers:

Nein.

10) Wo kann eine interessierte Öffentlichkeit in den Fruchtgenussvertrag zwischen Comenius-Institut und Bund Einsicht nehmen?

Antwort des Bundesministers:

Der Bund selbst darf aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen den Fruchtgenussvertrag als solchen nicht einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Demgegenüber könnte der Vertragspartner den Fruchtgenussvertrag öffentlich zugänglich machen.