Zahlreiche, konkret formulierte Fragen meiner Anfrage 2496/J vom 19.03.2015 zu „Tatsächliche Maßnahmen der Regierung unter der Roma-Strategie“ wurden von Ihnen in der Antwort 4070/AB vom 19.05.2015 nicht beantwortet. So wurde beispielsweise mit einer Sammelantwort die Kernfrage, ob seitens des Bundeskanzleramts eine nationale Romstrategie vorliegt ­- und falls ja, seit wann – nicht beantwortet. Ebenso wenig wurde die Frage beantwortet, welche Rolle die „Roma –Dialogplattform“ bei der Erstellung der Roma-Strategie genau spielt.

Wir ersuchen um konkrete Antworten auf alle einzelnen Fragen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1) Wurde von der damaligen Vorsitzenden des National Contact Points für Roma bei der Eröffnung der Dialogplattform 2012 erklärt, „Konkrete Maßnahmen und Zielsetzungen, die über die dargestellten, bestehenden Maßnahmen hinausgehen, sollen nach einer eingehenden Diskussion im Rahmen von Workshops unter Einbeziehung der zivilgesellschaftlichen und Roma-Organisationen erarbeitet und vorgeschlagen werden“ (Protokoll vom 27. 06.2012)?

Antwort des Bundesministers:

Ja.

2) Hatte beziehungsweise hat die Roma-Dialogplattform die Aufgabe, an der Erarbeitung der Roma-Strategie mit Vorschlägen mitzuwirken?

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 2 bis 4 und 10:
Die Roma-Dialogplattform des Bundeskanzleramts dient dem institutionalisierten
Austausch mit der Zivilgesellschaft zu für die Inklusion der Roma in Österreich rele-
vanten Themenkreisen. Dabei werden von den Teilnehmern in variierenden Diskus-
sionsformaten auch Maßnahmenvorschläge erarbeitet und eingebracht (vgl. etwa die
Protokolle zur 11. und 12. Roma-Dialogplattform). Generell wird für Informationen zu
Diskussionsinhalten und Maßnahmenvorschlägen auf die öffentlich zugänglichen
Protokolle der einzelnen -Dialogplattformen samt Dokumentation auf der Website
des Bundeskanzleramts verwiesen (https://www.bka.gv.at/site/7660/default.aspx).

3) War beziehungsweise ist die Plattform über diese Möglichkeit ausreichend informiert und inwiefern wurde sie seitens der Vorsitzenden dezidiert zu diesbezüglichen(!) Konferenzen, Sitzungen, Workshops o.Ä. eingeladen?

4) Welche Vorschläge für Maßnahmen wurden – davon unabhängig – von Roma- VertreterInnen während der Dialogplattformtreffen eingebracht und fanden Eingang in eine allfällig vorhandene nationale Roma-Strategie?

5) Welche dieser Vorschläge wurde vom Bundeskanzleramt oder einem anderen Bundesministerium nach ihren Informationen umgesetzt?

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 5, 7, 8, 14 bis 16, 18, 19 und 24:

Die österreichische Darstellung integrierter Pakete mit politischen und rechtlichen
Maßnahmen im Rahmen einer breiter angelegten Politik der sozialen Einbeziehung
soll in der ersten Jahreshälfte 2016 aktualisiert werden. Dabei werden nach einer

Konsolidierung und Bewertung auch einige im Rahmen der Dialogplattform diskutier-
te Maßnahmen Berücksichtigung finden. Die Aktualisierung soll im Rahmen eines
breit angelegten Konsultationsverfahrens mit der Zivilgesellschaft abgestimmt wer-
den. In weiterer Folge wird die Dialogplattform den Umsetzungsprozess begleiten
und laufend die Wirksamkeit der Maßnahmen beobachten. Damit nimmt die Dialog-
plattform im Rahmen der österreichischen Roma-Strategie eine Schlüsselfunktion
ein. In der Mitteilung der EU Kommission vom 17. Juni 2015 (COM(2015) 299 final)
wird Österreich für seine Zusammenarbeit und Koordination mit der Zivilgesellschaft
als Good Practice Beispiel besonders hervorgehoben.

6) Nachdem Sie auf die Fragen 2 und 3 der Anfrage 4296/J, ob für Österreich eine „nationale Roma Strategie“ existiert, geantwortet haben, dass Österreich 2012 eine „Darstellung integrierter Pakete mit politischen und rechtlichen Maßnahmen im Rahmen einer breiter angelegten Politik der sozialen Einbeziehung vorgelegt“ hätte: Kann die bloße Darstellung „integrierter Maßnahmenpakete“ der österreichische Beitrag einer nationalen Roma-Strategie sein, mit der die Europäische Kommission „die Alltagssituation der Roma spürbar verbessern“ will? (vgl. „EU-Rahmen für nationale Strategien für die Integration der Roma bis 2020“; S.4)

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 6 und 22:

Mit dem EU Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020 wur-
den die EU Mitgliedstaaten aufgefordert, der Europäischen Kommission nationale
Strategien für die Integration der Roma oder integrierte politische Maßnahmen für die
Roma im Rahmen ihrer allgemeineren Politik der sozialen Eingliederung vorzulegen.
Dabei wurden die Mitgliedstaaten insbesondere aufgerufen, auf die jeweilige Aus-
gangssituation zugeschneiderte Maßnahmen zu definieren. Österreich hat unter Be-
rücksichtigung der österreichischen Ausgangssituation den Ansatz einer Inklusion
der Roma im Rahmen einer breiter angelegten Politik der sozialen Einbeziehung ge-
wählt. In der Mitteilung vom 17. Juni 2015 betont die EU KOM die zentrale Bedeu-
tung inklusiver Mainstream–Integrationsmaßnahmen und bestätigt damit die Wirk-
samkeit des österreichischen Ansatzes, überwiegend allgemeine Integrationsmaß-
nahmen mit ausgewählten Roma-spezifischen Integrationsmaßnahmen zu kombi-
nieren.

7) Gilt das vorgelegte „integrierte Maßnahmenpaket zur sozialen Einbeziehung“ aus dem Jahr 2012 nun als österreichische Roma-Strategie bis 2020 oder wird da noch nachgebessert? Falls ja, wann, wie und was?

8) Wann wird der Roma–Dialogplattform die nationale Roma-Strategie bzw. deren Äquivalent vorgestellt?

9) Was bedeutet die Aussage der damaligen Leiterin des National Contact Point (NCP) in der ersten Sitzung der Roma-Dialogplattform “Diesbezüglich stellt der National Contact Point klar: Die Dialogplattform soll eine zentrale Schlüsselfunktion im Rahmen der österreichischen Roma-Strategie einnehmen“, wenn die Plattform an der konkreten Formulierung der Roma-Strategie nicht beteiligt war?

Antwort des Bundesministers:

Österreich hat der EU KOM zu Beginn des Jahres 2012 eine Darstellung integrierter
Pakete mit politischen und rechtlichen Maßnahmen im Rahmen einer breiter ange-
legten Politik der sozialen Einbeziehung übermittelt. Die Roma-Dialogplattform tagte
erstmals im Juni 2012. Die übermittelte Darstellung der bestehenden Politiken und
Projekte entstand daher unter schriftlicher Beteiligung der betroffenen Bundesminis-
terien und Landesregierungen, des Beirates für die Volksgruppe der Roma und der
Zivilgesellschaft, insbesondere von Roma-Vereinen.

10) Was wird der „Roma –Dialogplattform“ kommuniziert, wenn sie in die Erstellung der Roma-Strategie de facto nicht eingebunden war oder wird?

11) Welche nationalen Roma-Projekte bzw. Fördermaßnahmen wurden seit 2012 vom Bundeskanzleramt (oder von einem anderen Ministerium, falls Ihnen Daten dazu bekannt sind) außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Volksgruppenförderung bewilligt?

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 11 und 25:

Die Förderung von Roma-Projekten durch das Bundeskanzleramt erfolgt ausschließ-
lich aus Mitteln der Volksgruppenförderung. Ich verweise dazu auf die entsprechen-
den Berichte über die Volksgruppenförderung des Bundeskanzleramts an den Natio-
nalrat.

12) Widerspricht die Antwort auf die Fragen 16 und 17 der parlamentarischen Anfrage 4296/J, es sei „nicht beabsichtigt, Roma-Maßnahmen auch direkt von zuständigen Ressorts oder Behörden durchführen zu lassen“ der unmissverständlichen Aufforderung in der Mitteilung der Europäischen Kommission „EU Rahmen für nationale Strategien für die Integration der Roma bis 2020“, dass dabei „in erster Linie staatliche Stellen am Zug“ seien?

13) Bedeutet die Antwort, es sei „nicht beabsichtigt, Roma-Maßnahmen auch direkt von zuständigen Ressorts oder Behörden durchführen zu lassen“, dass die Bundesregierung ihre Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Roma in Österreich lediglich auf Projekte beschränkt, die von der Zivilgesellschaft ohnehin eingereicht werden?

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 12 und 13:

Die Aufgabe der „staatlichen Stellen“ im Rahmen der Roma-Inklusion besteht primär
in der Schaffung der für die Roma-Inklusion maßgeblichen politischen, rechtlichen
und finanziellen Rahmenbedingungen. Die Konzeption und Durchführung konkreter
Inklusionsmaßnahmen soll hingegen, wie sowohl von der EU KOM und der Zivilge-
sellschaft regelmäßig gefordert, maßgeblich durch die Roma-Zivilgesellschaft erfol-
gen.

14) Die ehemalige Leiterin des NCP sagte in einem Interview in Radio Kaktus am 23.7.2012, in den kommenden Jahren werde die Roma-Strategie mit der Dialogplattform eingehend diskutiert „Sodass wir dann Bereich für Bereich, Pakete schnüren können“ (S.3 des Transkripts). Welche Pakete wurden bisher geschnürt und von wem?

15) Hinsichtlich konkreter Maßnahmenpakete, die geschnürt hätten werden sollen, wurde die Frage 13 der Anfrage 4296/J von Ihnen ignoriert. Es wird lediglich auf einen „institutionalisierten Dialog“ und auf ein „partizipatives Format“ verwiesen. Wir wiederholen daher die Frage: Wurden vom BKA aus, den in der Roma-Plattform vorgeschlagenen Maßnahmen, „Pakete“ geschnürt, wie 2012 vom NCP angekündigt? Falls ja, mit welchem konkreten Inhalt?

16) Welche Aufgaben hat die Roma Dialogplattform außerhalb des „institutionalisierten Dialogs“ und des „partizipativen Formats“?

17) Welche Kosten hat der Prozess rund um die nationale Roma-Strategie (Plattformtreffen, Etablierung des NCP) dem Bundeskanzleramt seit 2012 verursacht?

Antwort des Bundesministers:

Die Kosten „rund um die Nationale Roma-Strategie (Plattformtreffen, Etablierung des
NCP)“ werden durch laufende Budgetpositionen des Bundeskanzleramtes (Personal-
kosten, Sachkosten) gedeckt.

18) Welche maßgebende Rolle spielt die Dialog-Plattform in Zukunft zumindest bei der Prüfung, Umsetzung und Evaluierung der nationalen Roma Strategie oder deren „Äquivalent“?

19) Wenn es sich bei der Dialogplattform lediglich um den „institutionalisierten Dialog“ und ein „partizipatives Format“ ohne konkrete Handlungsoptionen handelt: Wie gedenkt das Bundeskanzleramt konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Roma vor Ort zu schaffen?

20) In Ihrer Antwort zu den Fragen 1-12 der Anfrage 4296/J verweisen Sie auf eine Übersicht der Europäischen Kommission vom 21.05.2012, in der klar zwischen jenen Ländern mit nationalen Roma-Strategien („national strategy“) und jenen mit dem Ansatz integrierter Maßnahmen („integrated sets of policy measures“) unterscheidet. Ganz offensichtlich unterscheidet die Kommission hier sehr wohl genau. Widerspricht das nicht Ihrer Aussage in Antwort 1-12, wonach Österreich nur deshalb von der Kommission als Land mit einer „national strategy“ benannt wurde, weil die Kommission „unabhängig von dieser maßgeblichen Differenzierung […] den Begriff `Strategie´ regelmäßig als Überbegriff verwendet“?

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 20 und 23:

Österreich hat der EU KOM zu Beginn des Jahres 2012 eine Darstellung integrierter
Pakete mit politischen und rechtlichen Maßnahmen im Rahmen einer breiter ange-
legten Politik der sozialen Einbeziehung übermittelt. Die EU KOM zählt Österreich
daher zutreffend zu jener Gruppe von Mitgliedstaaten, die für die Roma-Inklusion den
Ansatz integrierter Maßnahmenpakete im Rahmen ihrer allgemeineren Politik der so-
zialen Eingliederung gewählt haben (vgl. erstmals EU KOM Mitteilung von 21. Mai
2012, COM(2012) 226 final und insbesondere COM Working Dokument SWD(2012)
133 final unter Punkt 2.19).

21) Aus welchem Dokument entnehmen Sie die Behauptung, dass „unabhängig von dieser maßgeblichen Differenzierung […] die Europäische Kommission in ihren Dokumenten, Teten und Fragebögen den Begriff „Strategie regelmäßig als Überbegriff verwendet“? Bitte um Angabe des Dokuments und der entsprechenden Stelle.

Antwort des Bundesministers:

Vgl. für viele: COM(2014)209 final, Seite 1, Fußnote 4.

22) Welche der beiden Möglichkeiten „national strategy“ oder „integrated sets of policy measures“ wird von Österreich nun tatsächlich verfolgt?

23) Hat Österreich bei der Europäischen Kommission eine „nationale Roma-Strategie“ oder eine „Darstellung integrierter Maßnahmen im Rahmen einer breiter angelegten Politik der sozialen Einbeziehung“ vorgelegt?

24) Braucht es eine eigene Roma-Strategie, wenn ohnehin nur allgemeine Integrationsmaßnahmen darunter fallen?

25) Welche Ausgaben wurden vom Bundeskanzleramt für konkrete Integrationsmaßnahmen seit 2012 außerhalb der Roma-Volksgruppenförderung getätigt?

26) Mit welcher konkreten Hilfestellung außer der Informationsweitergabe unterstützt der NCP Roma Vereine bei ihren Einreichungen von EU-Projekten derzeit?

27) Halten Sie die Entschließung des Nationalrates vom 20. Jänner 2011 betreffend soziale und wirtschaftliche Integration von Roma, die vorsieht, dass die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit Fachleuten eine Struktur schafft, die den nationalen Roma Vereinen hilft, Projekte beim EU­-Strukturfonds einzureichen, mit der Schaffung der Roma-Dialogplattform bzw. des NCP tatsächlich für umgesetzt?

Antwort des Bundesministers zz den Fragen 26 und 27:

Die Aufgabenbereiche der Nationalen Roma-Kontaktstelle und der Roma-Dialogplatt-
form sehen keine konkrete Hilfestellung bei der Beantragung von Projekten aus dem
Europäischen Sozialfonds vor.

28) Mit der Antwort auf die Frage 18 aus der Anfrage 4296/J wurde pauschal auf die „vorgesehenen rechtlichen Grundlagen“ für Förderungen von Roma-Vereinen verwiesen. Was planen Sie zu unternehmen, wenn genau diese allgemeinen Förderungsregeln das Problem für kleine Roma Vereine sind, die die dort vorgesehenen Eigenfinanzierungsanteile nicht erbringen können?

Antwort des Bundesministers:

Österreich stellt für die Integration der Roma in den Arbeitsmarkt im Rahmen des
österreichischen Operationellen Programms Beschäftigung 2014-2020 (Europäi-
schen Strukturfonds) jährlich Fördermittel iHv € 1 Mio. zur Verfügung. Dieser Betrag
setzt sich aus 50% ESF-Mitteln und 50% nationaler Kofinanzierung aus der Geba-
rung Arbeitsmarkt zusammen. Ein Eigenfinanzierungsanteil der Fördernehmer ist
daher nicht erforderlich (vgl. Protokoll der 10. Roma-Dialogplattform vom 30. April
2014, Seite 3).