Christian Diaz hat eine überfällige Diskussion angestoßen. Der Billeteur, der die Bühne der Festveranstaltung zu „125 Jahre Burgtheater“ nutzte, um darauf hinzuweisen, dass die Publikumsdienste der Bundestheater seit vielen Jahren an den internationalen Security-Konzern G4S ausgelagert werden, hat sich bereits jetzt bedeutende kulturpolitische Verdienste erworben.

Dieser Anlassfall bietet eine ganze Reihe von kulturellen, sozialpolitischen und arbeitsrechtlichen Dimensionen, was die Outsourcing-Praktiken der vom Bund subventionierten Kulturinstitutionen betrifft. Denn wenn Outsourcing, wie immer wieder behauptet wird, tatsächlich billiger ist, stellt sich die Frage, auf wessen Kosten diese Einsparungen gehen und wer davon profitiert – die Arbeitnehmerin, das Haus, der Auftragnehmer? Oder alle gemeinsam? Oder soll die Auslagerung überhaupt nur dazu dienen, die Personalkosten scheinbar gering zu halten und den beliebten betriebswirtschaftlichen Kniff anzuwenden, Personal- als Sachaufwand zu verschleiern?

Praktisch alle kulturellen Interessenvertretungen des Landes haben das Burgtheater und die Bundestheater Holding dazu aufgefordert, ihre Outsourcing-Praktiken zu überdenken, die Verträge mit G4S zu lösen und zu reflektieren, wem man die Durchführung von Dienstleistungen anvertraut. Die Verteidigungsstrategie des Bundestheater-Generals Georg Springer, der zu Protokoll gab: „Wenn ich einen Lieferanten habe, dann interessiere ich mich nicht dafür, mit wem er sonst noch Verträge hat“, wirft daher die prinzipielle Frage auf, ob gerade für Kulturinstitutionen neben ökonomischen vielleicht auch noch ethische Parameter beim Abschluss von Verträgen und bei der Auswahl der Vertragspartner gelten sollten. Dürften Theater und Museen Geschäfte mit Unternehmen wie den Waffenherstellern Lockeed Martin und Glock oder dem Söldnerkonzern Blackwater machen? Welche Kriterien sollten gelten, und wie könnten sie überprüft werden? Wie ließe sich einer ethischen Dimension ökonomischer Praxis im Kulturbereich angemessen Ausdruck verleihen?

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

1) Wie viele im Publikumsdienst der Bundestheater tätige Personen sind per Stichtag 1.10.2013 bei G4S oder einem der Subunternehmen dieses Konzerns beschäftigt?

2) Wie gliedern sich diese Beschäftigten nach MitarbeiterInnen im Burgtheater, in der Staatsoper und in der Volksoper auf?

3) Wie viel Geld bezahlen die Bundestheater Holding bzw. die einzelnen Bundestheater jährlich an das Unternehmen G4S, damit dieses den Publikumsdienst in den drei Häusern organisiert?

4) Welchen Stundenlohn erhalten die den Publikumsdienst in den Bundestheatern versehenden Personen bei G4S?

5) Wie hoch sind die Abend- oder Nachtzuschläge?

6) Wie hoch ist das durchschnittliche Bruttoeinkommen einer den Publikumsdienst in den Bundestheatern versehenden Person (Medianwert)?

7) Wie hoch ist der durchschnittliche Stundenlohn eines/einer Angestellten im Burgtheater, in der Staatsoper und in der Volksoper?

8) In welchem Dienstverhältnis stehen die den Publikumsdienst in den Bundestheatern versehenden Personen bei G4S – Werkvertrag auf Honorarbasis, freier Dienstvertrag, Angestelltenverhältnis? Falls es unterschiedliche Beschäftigungsverhältnisse gibt, ersuchen wir um Aufschlüsselung.

9) Wie viel Geld würde es kosten, die MitarbeiterInnen des Publikumsdienstes wieder an den einzelnen Häusern bzw. bei der Bundestheater Holding anzustellen?

10) Wie hoch beziffert die Bundestheater Holding die Einsparungen, die durch das Outsourcing des Publikumsdienstes pro Jahr erzielt werden?

11) Auf wessen Kosten gehen diese Einsparungen?

12) Um welchen Prozentsatz würde die Personalquote steigen, würde der Publikumsdienst wieder bei der Bundestheater Holding bzw. bei den einzelnen Häusern angestellt? Wir ersuchen um Aufschlüsselung nach Institution.

13) Sind Sie dafür, dass der Publikumsdienst wieder bei der Bundestheater Holding bzw. den einzelnen Häusern angestellt wird?

14) Sind Sie der Ansicht, dass gerade für kulturelle Institutionen auch politisch- ethische Kriterien bei der Auswahl ihrer VertragspartnerInnen gelten sollten?

Antwort der Bundesministerin zu den Fragen 1 bis 14:

Die Österreichischen Bundestheater wurden gemäß den Bestimmungen des Bundestheater­organisationsgesetzes (BThOG), BGBl. I Nr. 108/1998, mit 1. September 1999 aus der Bundes­verwaltung ausgegliedert. Sie sind nunmehr als ein aus fünf eigenständigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung, nämlich der Bundestheater-Holding GmbH, der Burgtheater GmbH, der Wiener Staatsoper GmbH, der Volksoper Wien GmbH und der Theaterservice GmbH, bestehender Konzern organisiert. Während die Bundestheater-Holding GmbH zu 100 % im Eigentum des Bundes steht, befinden sich alle anderen Gesellschaften im Eigentum bzw. Miteigentum der Bundestheater-Holding. Es besteht an den Tochtergesellschaften der Bundes­theater-Holding somit kein Eigentum bzw. Miteigentum des Bundes. Als Angelegenheiten der Vollziehung sind von der Interpellationspflicht daher nur jene Aufgaben des Bundes umfasst, die die Funktion des Bundes als Eigentümer der Bundestheater-Holding betreffen. Alle anderen Angelegenheiten der Gesellschaften, insbesondere solche der Tochter­gesellschaften der Bundestheater-Holding unterliegen grundsätzlich nicht der Interpellation. Eine Ausnahme hievon sieht § 13 Abs. 6 BThOG vor, der bestimmt, dass die von der Bundes­ministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, von der Bundesministerin für Finanzen und vom Bundeskanzler entsandten Mitglieder der Aufsichtsräte der Gesellschaften des Bundestheater­konzerns gegenüber den jeweiligen Bundesministerinnen bzw. dem Bundeskanzler über die Beschlüsse des (jeweiligen) Aufsichtsrates zur Auskunftserteilung verpflichtet sind. Die Erläuterungen zu dieser Bestimmung führen hiezu aus, dass durch die vorgesehene Verpflichtung zur Auskunftserteilung die Interpellationspflicht der Bundesministerinnen und des Bundeskanzlers in den Angelegenheiten der Gesellschaften sichergestellt werden soll. Dies bedeutet, dass nur in jenen Angelegenheiten ein Interpellationsrecht besteht, in denen auch tatsächlich Beschlüsse des jeweiligen Aufsichtsrates vorliegen.

Über die gegenständlichen Fragen liegen keine Aufsichtsratsbeschlüsse vor, sie unterliegen daher nicht der Interpellationspflicht. Weiters wird hinsichtlich der Fragen 13 und 14 um Verständnis ersucht, dass die Erkundung von Meinungen und Ansichten keine Gegenstände der Vollziehung betreffen und daher nicht vom Interpellationsrecht umfasst sind.

Unabhängig von der bestehenden Rechtslage wird festgehalten:

Der Publikumsdienst der Österreichischen Bundestheater wurde 1996, als die Bundestheater noch der Kameralistik des Bundes unterlagen, ausgelagert. Ursache dafür war eine Vorgabe des Bundeskanzleramts für den Stellenplan 1996 und 1997, nach der zwei Prozent der Planstellen eingespart werden sollten. Die Ausschreibung erfolgte durch den damals direkt dem Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst unterstellten Bundestheaterverband. Den Zuschlag erhielt die Sicherheitsfirma „Group 4 Securitas Austria AG“ (heute „G4S Secure Solutions AG“), die wenige Jahre zuvor mit dem österreichischen Traditionsunternehmen „Erste Wiener Wach- und Schließgesellschaft mbH“ fusioniert hatte. G4S machte allen Beschäftigten des Publikumsdienstes der Bundestheater ein Angebot, sie zu übernehmen, und sorgte bereits in der ersten Saison für Einsparungen, die über den Erwartungen lagen und – durch kontinuierliche Nachverhandlungen – heute rund eine Million Euro betragen.

Derzeit wird von den Österreichischen Bundestheatern geprüft, den Publikumsdienst 2014 neu auszuschreiben. Im Zuge der Vorbereitung und Gestaltung dieser Ausschreibung soll der aktuell geführten Diskussion um arbeitsrechtliche, aber auch allgemein ethische Fragen im Zusammenhang mit einem global agierenden Unternehmen Rechnung getragen werden, indem – im Sinne einer sozial- und gesellschaftspolitisch verantwortungsvollen Unternehmenspolitik – die Anwendbarkeit von ethischen und sozialen Kriterien im Vergabeprozess einer eingehenden Prüfung unterzogen werden wird

15) Welchen finanziellen Umfang hat die Praxis des Outsourcings von Dienstleistungen in der Albertina?

16) Wird der Aufsichtsdienst in der Albertina von externen Dienstleistern durchgeführt?

17) Wenn ja: Von wem?

18) Wenn ja: Wie viele Personen umfasst dieses Outsourcing?

19) Wenn ja: Wie viel Geld bezahlt die Albertina pro Jahr an diesen privaten Dienstleister?

20) Welchen finanziellen Umfang hat die Praxis des Outsourcings von Dienstleistungen in der Österreichischen Galerie Belvedere?

21) Wird der Aufsichtsdienst in der Österreichischen Galerie Belvedere von externen Dienstleistern durchgeführt?

22) Wenn ja: Von wem?

23) Wenn ja: Wie viele Personen umfasst dieses Outsourcing?

24) Wenn ja: Wie viel Geld bezahlt die Österreichische Galerie Belvedere pro Jahr an diesen privaten Dienstleister?

25) Welchen finanziellen Umfang hat die Praxis des Outsourcings von Dienstleistungen im Kunsthistorischen Museum?

26) Wird der Aufsichtsdienst im Kunsthistorischen Museum von externen Dienstleistern durchgeführt?

27) Wenn ja: Von wem?

28) Wenn ja: Wie viele Personen umfasst dieses Outsourcing?

29) Wenn ja: Wie viel Geld bezahlt das Kunsthistorische Museum pro Jahr an diesen privaten Dienstleister?

30) Welchen finanziellen Umfang hat die Praxis des Outsourcings von Dienstleistungen im Naturhistorischen Museum?

31) Wird der Aufsichtsdienst im Naturhistorischen Museum von externen Dienstleistern durchgeführt?

32) Wenn ja: Von wem?

33) Wenn ja: Wie viele Personen umfasst dieses Outsourcing?

34) Wenn ja: Wie viel Geld bezahlt das Naturhistorische Museum pro Jahr an diesen privaten Dienstleister?

35) Welchen finanziellen Umfang hat die Praxis des Outsourcings von Dienstleistungen im Technischen Museum?

36) Wird der Aufsichtsdienst im Technischen Museum von externen Dienstleistern durchgeführt?

37) Wenn ja: Von wem?

38) Wenn ja: Wie viele Personen umfasst dieses Outsourcing?

39) Wenn ja: Wie viel Geld bezahlt das Technische Museum pro Jahr an diesen privaten Dienstleister?

40) Welchen finanziellen Umfang hat die Praxis des Outsourcings von Dienstleistungen im Museum für angewandte Kunst?

41) Wird der Aufsichtsdienst im Museum für angewandte Kunst von externen Dienstleistern durchgeführt?

42) Wenn ja: Von wem?

43) Wenn ja: Wie viele Personen umfasst dieses Outsourcing?

44) Wenn ja: Wie viel Geld bezahlt das Museum für angewandte Kunst pro Jahr an diesen privaten Dienstleister?

45) Welchen finanziellen Umfang hat die Praxis des Outsourcings von Dienstleistungen im MUMOK?

46) Wird der Aufsichtsdienst im MUMOK von externen Dienstleistern durchgeführt?

47) Wenn ja: Von wem?

48) Wenn ja: Wie viele Personen umfasst dieses Outsourcing?

49) Wenn ja: Wie viel Geld bezahlt das MUMOK pro Jahr an diesen privaten Dienstleister?

Antwort der Bundesministerin zu den Fragen 15 bis 49:

Dazu wird auf nachstehende Aufstellung verwiesen:

Zu Fragen 15, 20, 25, 30, 35, 40 und 45 –
Finanzieller Umfang Outsourcing gesamt (2012 brutto in EUR)

Zu Fragen 16, 21, 26, 31, 36, 41 und 46

Zu Fragen 17, 22, 27, 32, 37, 42 und 47 –
Firmen

Zu Fragen 18, 23, 28, 33, 38, 43 und 48 –
In VZÄ zum 31.12.2012

Zu Fragen 19, 24, 29, 34, 39, 44 und 49 –
(2012 in EUR)

Albertina

1.283.306,73

Ja

G4S, Eventservice-Parkas, Seca, Siwacht

19,86

726.023,53

Belvedere

2.339.118,51

Ja

G4S, Musorg, Eventservice-Parkas, Securitas, Siwacht

36,00

1.741.031,23

KHM

1.620.000,00

Nein

NHM

310.000,00

Nein

TMW

3.001.100,00

Ja

Siwacht

19,59

951.700,00

MAK

990.588,39

Ja

Musorg, Eventservice-Parkas

15,69

509.777,26

MUMOK

691.550,87

Ja

Musorg, Siwacht

2,17

72.873,23