Im Kulturbericht 2010 hebt die Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur in ihrem Vorwort hervor: „Schließlich haben wir das Förderwesen der Kultursektion neugeordnet und konnten damit vor allem die öffentlichen Büchereien in ihrer wertvollen Arbeit unterstützen“.

Wie wertvoll diese Arbeit wahrgenommen wird, zeigt die geplante Einsparung einer Planstelle der Bibliotheksleiterin in Bad Radkersburg.

Das österreichweit erfolgreichste Vorzeigemodell eines Zusammenschlusses von Schulbibliotheken und der öffentlichen regionalen Bibliothek ist jenes im BORG Bad Radkersburg. Aufgrund der geplanten Einsparung der Planstelle muss die Bücherei auf eine Schulbibliothek für das BORG mit 12 Wochenstunden begrenzt werden. Damit kann sie auch nicht mehr für die angeschlossene Volksschule und Hauptschule genutzt werden.

Seit dem Jahr 1976 besteht im Gebäude des Bundes-Oberstufenrealgymnasiums Bad Radkersburg diese gemeinsam geführte Schulbibliothek für das Gymnasium und eine Öffentliche Bibliothek, die von einer Beamtin des BMUKK geleitet wird.

1979 haben der Bund, vertreten durch das Bundesministerium für Unterricht und Kunst, die Stadtgemeinde Bad Radkersburg und die Pfarrgemeinde Bad Radkersburg eine Vereinbarung unterzeichnet, in der unter anderem die Personalfragen und die Raumerfordernisse geregelt  sind. Neu war in diesem Fall die Schaffung einer Planstelle B des Bundes für die Leitung der Bibliothek.

In den folgenden Jahren entwickelte sich die Bücherei zum österreichischen Vorzeigemodell, in dem unter anderem österreichweit die neu installierten Weiterbildungslehrgänge für Schulbibliothekare an AHS und Hauptschulen durchgeführt wurden. Zahlreiche VertreterInnen von Gemeinden aus ganz Österreich besuchten die Bücherei, um sich über diese damals neuartige Form der Zusammenarbeit und Konzentration von Ressourcen und Mitteln zu informieren und sie auch in ihren Kommunen in ähnlicher Form erfolgreich zu etablieren.

Für die Bezirkshauptstadt Bad Radkersburg ist diese Bücherei ein großer Gewinn. Es können nicht nur die Bewohner der Stadt und des Bezirkes sondern auch die Gäste des sich in dieser strukturarmen Region entwickelnden Thermen Zugang zu Literatur, Wissen und Information verschaffen. Darüber hinaus verzichteten die Volks- und die Hauptschule auf eigene Schulbüchereien und besuchen mit ihren SchülerInnen die Bibliothek, um nicht nur Entlehnungen für die Freizeitlektüre zu tätigen, sondern auch um mit dem Medienangebot zur Kulturvermittlung durchzuführen. Besonders wichtig ist dabei, dass ein Bogen zur aktiven und sinnvollen Freizeitgestaltung der Kinder und Jugendlichen gespannt wird, weil die Bücherei Bad Radkersburg während
des ganzen Jahres, auch in Ferienzeiten geöffnet ist.

Durch die sinnvolle Konzentration der Aufwendungen für Raumerfordernisse, ausgebildetes Personal, EDV etc. sind entsprechende Mittel für die Anschaffung von Medien vorhanden. Somit kann durch die verantwortungsvolle Auswahl aus der schon fast unübersehbaren Flut an Neuerscheinungen ein breit gefächertes Angebot für alle Altersstufen und in allen Interessensgebieten
bereitgestellt werden. Durch die gute Vernetzung mit andern öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken bietet die Bibliothek die Möglichkeit von Fernleihen.

Da sich eine öffentliche Bücherei und eine Schulbibliothek auch als Kommunikations- und Informationszentrum versteht, wurden 1999 als erste im Bezirk Radkersburg zwei öffentlich zugängliche Internetplätze installiert, die sehr stark frequentiert werden. Seit 2003 hat das Bildungsnetzwerk Steiermark eine Infostelle für Weiterbildung in der Bücherei Bad Radkersburg eingerichtet, bei der alle Programme und Angebote der Erwachsenenbildungseinrichtungen aufliegen. Darüber hinaus finden einmal monatlich – und auf Wunsch auch zu weiteren Terminen – kostenlose Beratungen zu beruflicher und persönlicher Weiterbildung durch eine Mitarbeiterin des
Bildungsnetzwerkes statt.

Das BMUKK beabsichtigt laut Erlass 303/0008-III/9b/2011 vom 2. Dezember 2011 die Planstelle der Bibliotheksleitung (nach deren Pensionsantritt) auf Grund der geforderten Einsparungsmaßnahmen im Bundesdienst nicht mehr nachzubesetzen. Darüber hinaus wurde von Seiten des Landesschulrates für Steiermark die im ersten
Absatz erwähnte Vereinbarung mit Wirkung 1. 1. 2013 gekündigt.

Damit wird ein Erfolgsmodell, das für die Entwicklung des Büchereiwesens eine unschätzbare Multiplikatorenfunktion ausübt, vernichtet. Das erworbene Wissen über Kooperationen und Entwicklung geht verloren und die Region verliert ihre öffentliche Bibliothek.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)    Welche sachlichen Gründe jenseits vermeintlicher finanzieller Zwänge liegen Ihrer Entscheidung zugrunde, den erfolgreichen Bad Radkersburger Modellversuch zu beenden?

Antwort der Bundesministerin:
Es ist nicht angedacht den angesprochenen Modellversuch zu beenden. Vielmehr laufen zurzeit Bestrebungen diesen strukturell auf neue Beine zu stellen. Entsprechende Gespräche auf regio­naler Ebene laufen.

Auf Grund der beschlossenen Maßnahmen der Bundesregierung zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes ist es seitens des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur in Aussicht genommen, die Bundesverwaltungsplanstelle nach der beabsichtigten Ruhestands­versetzung einer Verwaltungsbediensteten für die in den Räumen des Bundesoberstufen­realgymnasiums (BORG) Bad Radkersburg angesiedelte Bibliothek mit Wirksamkeit von 1. April 2012 nicht mehr nach zu besetzen. Bei der seit dem Jahr 1981 bereitgestellten Bundes­planstelle einer Verwaltungsbediensteten der nunmehrigen Verwendungsgruppe A2 für eine Einrichtung anderer Gebietskörperschaften (in diesem Fall Stadtgemeinde Bad Radkersburg und Pfarrgemeine Bad Radkersburg) handelt es sich um einen Ausnahme- und Einzelfall, da im Planstellenbereich 3070 (AHS) österreichweit keine Verwaltungsplanstelle der Bundes für die Führung einer Schulbibliothek zur Verfügung gestellt wird. Schulbibliotheken an allgemein bildenden höheren Schulen werden von Lehrerinnen und Lehrern betreut, die für diese Tätigkeit eine Einrechnung in der Lehrverpflichtung (abhängig von der Zahl der Schülerinnen und Schüler, Anzahl der Bände und wöchentliche Öffnungszeit) gemäß § 9 Abs. 2a des Bundes­lehrer-Lehrverpflichtungsgesetzes – BLVG, BGBl. Nr. 244/1965, in der geltenden Fassung, erhalten.

Im konkreten Fall ist jedoch nach Rücksprache mit dem Landesschulrat für Steiermark der Fort­bestand des Büchereibetriebes in den Räumen des BORG Bad Radkersburg gesichert, da ab 1. April 2012 die Betreuung der Bibliothek von einem Lehrer bzw. einer Lehrerin erfolgen wird.

2)    Wie viel Geld (in absoluten Zahlen und in Prozent des Bildungs-Personalbudgets) wird durch den Verzicht auf die BMUKK-Planstelle in der Bibliothek Bad Radkersburg eingespart?

Antwort der Bundesministerin:
Die Durchschnittspersonalausgaben für eine Planstelle der Verwendungsgruppe A2 für das Kalenderjahr 2010 betrugen gemäß der Kundmachung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Richtwerte für die Durchschnittspersonalausgaben/-kosten, die Durchschnitts­mietkosten und den kalkulatorischen Zinssatz, BGBl. II Nr. 97/2011, EUR 54.581. Diese Summe in Relation zum gesamten Bildungs-Personalbudget (inkl. Lehrerinnen und Lehrer) zu setzen, erscheint nicht sinnvoll.

3)    Wie wollen Sie künftig den Zugang der Bad Radkersburger Bevölkerung zu niederschwelligen Informationsangeboten gewährleisten?

4)    Wie verträgt sich die Schließung der Bücherei in Bad Radkersburg mit der Position, dass „gesellschaftliches Basiswissen frei für alle zur Verfügung stehen muss“ (Bibliotheksprogramm der SPÖ)?

5)    Wie verträgt sich die Schließung der Bücherei in Bad Radkersburg mit der Position, dass „die Teilung der Bevölkerung in jene, die leichten und breiten Zugang zu Informationen finden, und jene, die über diesen Zugang nicht verfügen, als soziales, ökonomisches und kulturelles Problem erkannt und bekämpft werden muss“?

6)    Wo soll in Bad Radkersburg künftig soziale Integration und interkulturelle Begegnung stattfinden?

Antwort der Bundesministerin zu den Fragen 3. bis 6. und 9.:
Diese Fragen auch kommunaler Natur beziehen sich nicht auf die Vollziehung des Bundes. In Zusammenhang mit den einschlägigen Richtlinien der „Büchereiförderung Neu“ für Förderungen für öffentliche Büchereien und des Bundesgesetzes über die Förderung der Erwachsenen­bildung und des Volksbüchereiwesens aus Bundesmitteln, BGBl. Nr. 171/1973 idgF., sind jedoch Förderungen ua. für die Erhöhung der Zugänglichkeit und die Qualitätssteigerung des Medienangebotes grundsätzlich auch für jede Stadt- und Gemeindebücherei als außer­schulische Bildungseinrichtung bei Erfüllung der Förderungsrichtlinien möglich.

7)    Wie viele Planstellen sollen im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur bis 2013 eingespart werden?

8)    Nach welchen Entscheidungskriterien werden die Planstellen ausgewählt, die im Ressort eingespart werden?

Antwort der Bundesministerin zu den Fragen 7. bis 8.:
Betreffend die Einsparung von Planstellen wird auf die am 6. März 2012 im Ministerrat in diesem Zusammenhang gefassten Ministerratsbeschlüsse hingewiesen – insbesondere auf den Aufnahmestopp für den Bundesdienst für die Jahre 2012 bis 2014 sowie auf die zu beschließenden Vorgaben im Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016. Die Einsparungen erfolgen durch Nichtnachbesetzung nach Pensionierungen bzw. Ruhestandsversetzungen.

9)    In welchem Verhältnis steht die Schließung der Bibliothek in Bad Radkersburg zu den gerade von Ihnen und Ihrer Partei immer wieder verkündeten Versprechen, dass im Bildungsbereich nicht gespart werden dürfe?