Das barocke Haus „Zu den sieben Schwertern“ in der Wiener Innenstadt, Schwertgasse Nr.3 ist seit dem Jahr 1924 denkmalgeschützt und gehört damit zu den ersten Häusern in Wien, die seit Inkrafttreten des Denkmalschutzgesetzes zukünftigen Generationen erhalten werden sollten.

Es ist mit einem mehrschichtigen, „liegenden“ Pfettendachstuhl gedeckt, einem Meisterstück barocker Zimmermannskunst, mit Mansarden und Zimmermannszierschnitten.

Als Haus in der Umgebung der Kirche „Maria am Gestade“ genießt es auch Ensembleschutz. Es befindet sich in der Schutz- und Wohnzone der Gemeinde Wien, ist im „historischen Zentrum von Wien“ Teil des UNESCO Weltkulturerbes und seit dem Jahr 2015 wird es durch die Europarat-FARO-Konvention geschützt.

Offenbar bietet das alles keinen tatsächlichen Schutz. Der Eigentümer möchte in den barocken Dachstuhl Luxuswohnungen einbauen. Ein erstes Umbauprojekt musste er 2014 zwar wieder zurückziehen, weil es von zwei amtlichen Gutachten negativ beurteilt worden war. Die Magistratsabteilung 19 der Stadt Wien hat keinen Vorteil für die Öffentlichkeit erkennen können und Univ.-Prof. Richard Fritze hat gegenüber dem Bundeskanzleramt erhebliche denkmalschützerische Bedenken geäußert und auf die Notwendigkeit einer bauhistorischen Begutachtung hingewiesen.

Die damals im Bundeskanzleramt zuständige Beamtin MR Dr. Brunner schrieb dazu: „In diesem Verfahren wird das vorliegende Projekt vom Bundesdenkmalamt an Hand der neuen Standards der Baudenkmalpflege bearbeitet.“ Mit den angesprochenen neuen Standards waren die „Standards zur Baudenkmalpflege“ gemeint, die wenige Tage davor vom Bundesdenkmalamt veröffentlicht worden waren und nach Angabe der Behörde ein Werkzeug sein sollten, „für die MitarbeiterInnen des Bundesdenkmalamtes, um die Entscheidungswege bundesweit einheitlich und klar zu gestalten“ (S.8)

Auf Seite 269 der Standards findet sich der Grundsatz: „Bei Dachstühlen bzw. Dachböden von besonderer Bedeutung ist aus Gründen der bautechnisch wie bauphysikalisch gesicherten Bestandserhaltung sowie aus historisch-ästhetischen Gründen ein Dachgeschoßausbau denkmalfachlich nicht vertretbar. Die Bedeutung bemisst sich am konkreten bauhistorischen Stellenwert, an der Repräsentanz eines bestimmten Konstruktionstyps bzw. einer bestimmten Zeitstellung und an der handwerkstechnischen Ausführungsart bis hin zu zimmermannstechnischem Zierrat. Im Einzelfall sind zur Bewertung im Vorfeld bauhistorische wie naturwissenschaftliche Untersuchungen notwendig“. Und auf der folgenden Seite steht:„… selbst wenn ein Dachgeschoßausbau irgendwo, ohne besonderer historischen Qualität des Dachstuhles, von den Behörden genehmigt wird: soll der Dachstuhl grundsätzlich in allen historischen Konstruktionsteilen erhalten werden. Dem Ausbau sollen keine primären Konstruktionselement zum Opfer fallen wie z. B. durch das Ausschneiden von charakteristischen Konstruktionsteilen zur Erreichung von Durchgangslichten etc. (z.B. Erhaltung der durchgehenden Bundträme etc.)“ Eine Durchtrennung und Aussparung der Längsbalken zur besseren Belichtung durch Dachflächenfenster ist aus denkmalschützerischer Sicht daher nicht möglich. In einem Interview in der Zeitung „Der Standard“ am 8. August 2014 ergänzt der Fachdirektor des Bundesdenkmalamtes Bernd Euler-Rolle: „Wenn es sich um einen entstehungszeitlichen barocken Dachstuhl mit Zimmermannszierschnitten handelt, dann wird man sagen müssen: Da geht es nicht.“

Im April 2016 hat der Eigentümer der Liegenschaft Schwertgasse 3 neuerlich ein Projekt zum Umbau des Dachstuhls eingereicht. Diese Einreichung sieht keine neuen Laubengänge im Innenhof mehr vor und auch die Maisonettenzugänge in den Dachausbau sind nicht mehr geplant.

Dennoch soll, wie schon bei der ersten Einreichung, der dreihundert Jahre alte Dachstuhl von einer Stahlrahmenkonstruktion entlastet werden. Der Dachstuhl wird zur funktionsuntauglichen Dekoration. Durchgehende Bundträme und Sparren sollen durchtrennt, die Dachhaut durchstoßen, der halbe Spitzbogen des Daches für eine Terrasse geopfert, die Dachform und deren Kontur verändert und Rauchfangkehrerstege aufgesetzt werden.

Ein Jahr davor hat die UNESCO im „Barbatobericht“ explizit auf eine drohende Gefährdung der Authentizität dieses Objekts hingewiesen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.Welche Rolle hat das Bundeskanzleramt als Aufsichtsbehörde und sachlich zuständige Oberbehörde des Bundesdenkmalamts beim Dachbodenausbauprojekt in der Schwertgasse 3 und wie wird diese Aufsicht wahrgenommen?

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 1 und 7:

Das Bundesdenkmalamt hat grundsätzlich die Verfahren über Veränderungsanträge von Parteien auf Grundlage des Denkmalschutzgesetzes und des Allgemeinen Verwaltungsverfahrens eigenständig zu führen und über diese Anträge zu entscheiden. In diesem Fall wurde das Bundesdenkmalamt um Berichte zum Verfahren aufgefordert, zuletzt liegen Berichte des Bundesdenkmalamtes zum Verfahren vom 10. August 2016 und vom 19. Oktober 2016 vor. Am 27. Oktober 2016 fand dazu weiters in meinem Büro eine Besprechung mit der Präsidentin des Bundesdenkmalamtes statt

2. Wurden Sie von der UNESCO auf die Gefahr zum Bestand des Weltkulturerbes aufmerksam gemacht, die durch einen Umbau am Haus Schwertgasse 3 entstehen könnte?

3. Was unternehmen Sie, um die verschärfte Situation, in der sich Österreich mit einem angedachten Hochhausbau in der Kernzone Wien und dem dadurch drohenden Verlust des Weltkulturerbes zur Zeit ohnehin schon befindet, nicht zusätzlich noch durch weitere Projekte anzuheizen?

4. Wie agieren Sie grundsätzlich angesichts von Projekten, die mit der Zerstörung denkmalgeschützter Teile einhergehen oder das Weltkulturerbe aufs Spiel setzen?

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 2 bis 4:

Das Projekt ist auch Gegenstand von Anfragen, die an das Welterbezentrum der UNESCO gerichtet und vom Welterbezentrum an das Bundeskanzleramt weitergeleitet wurden. Die Dachbodenausbauten in Wien werden generell in den Beschlüsse des Welterbe-Komitees von 2013, 2015 und 2016 sowie den Mission Reports von 2012 und 2015 behandelt. Die Erhaltung einer Welterbestätte erfordert das Zusammenwirken aller Gebietskörperschaften, da nicht nur der Denkmalschutz, sondern u.a. auch die Raum- und Bauordnung betroffen sind, die für die rechtlichen Möglichkeiten zur Aufstockung von Gebäuden bzw. zum Ausbau von Dachböden wesentlich sind. Zur Wiener Innenstadt läuft vom Bundesdenkmalamt in Zusammenarbeit mit der Stadt Wien ein Projekt zur Erhebung der barocken Dachstühle auf Profanbauten („Dachstuhlkataster“).

5. Wie wurden die beiden Anfragen der UNESCO-Paris zum aktuellen Dachausbau-Projekt in der Schwertgasse 3 beantwortet?

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 5 und 8:

Der nächste Bericht wurde durch den Beschluss des Welterbe-Komitees für 1. Februar 2017 angefordert, daher wird im Rahmen dieses Berichts auch die Frage der Entwicklung der Dachlandschaft des Historischen Zentrums Wien zu berücksichtigen sein. Grundlage dafür werden die Berichte des Bundesdenkmalamts zur Dachlandschaft des Historischen Zentrums („Dachstuhlkataster“) sein. Die „Antwort“ der UNESCO ist in Form eines Beschluss-Entwurfs zum Historischen Zentrum Wien für die nächste Sitzung des Welterbe-Komitees im Lauf des Frühsommers 2017 zu erwarten.

6. Warum werden vom Bundesdenkmalamt entwickelte Standards seitens des Bundesdenkmalamts beim Projekt Schwertgasse 3 ignoriert?

Antwort des Bundesministers:

Das Bundesdenkmalamt hat seine behördlichen Entscheidungen auf Grundlage des Denkmalschutzgesetzes zu treffen, dabei aber selbstverständlich auch seine in den veröffentlichten „Standards der Baudenkmalpflege“ veröffentlichten fachlichen Kriterien zu beachten.

7. Sie wollten sich regelmäßig über den Stand des Projekts informieren lassen und der UNESCO darüber berichten. Sind Sie über die aktuellen Pläne zum Dachbodenausbauprojekt in der Schwertgasse 3 informiert und haben Sie der UNESCO von diesen Plänen berichtet?

8. Was hat die UNESCO geantwortet?

9. Wird zur Beurteilung des aktuellen Umbauplans in der Schwertgasse 3 ein sachverständiger Gutachter der UNESCO beigezogen und wenn nein, warum nicht?

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 9, 10 und 12:

Die UNESCO hält die Vertragsstaaten grundsätzlich dazu an, Lösungen in Übereinstimmung mit den Erfordernissen der UNESCO Konvention zum Schutz des Kulturund Naturerbes und den damit verbundenen Operational Guidelines in den dafür vorgesehenen Gremien auf lokaler bzw. nationaler Ebene zu erarbeiten. Zum Objekt in der Schwertgasse wurde im Sommer 2014 ein Gutachten durch ein unabhängiges Ziviltechnikerbüro erstellt. Das Bundesdenkmalamt hat alle Gutachten, die zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes vorliegen, heranzuziehen und somit auch dieses. Weitere Gutachter sollen hinzugezogen werden.

10. Wird zur Beurteilung des aktuellen Umbauplans in der Schwertgasse 3 seitens des Bundeskanzleramts wieder der sachverständige Gutachter Prof. Fritze hinzugezogen, der das Bauwerk mittlerweile gut kennt? Wenn nein, warum nicht?

11. Welchen Stellenwert genießt der Denkmalschutz in Österreich allgemein und in Ihrem Ministerium im Besonderen angesichts der Häufung von Fällen, in denen kurzfristige wirtschaftliche Vorteile von privaten Investoren den lange anhaltenden kulturhistorischen Interessen der Gemeinschaft vorgezogen werden?

Antwort des Bundesministers:

Es ist Aufgabe des Bundesdenkmalamtes das Denkmalschutzgesetz zu vollziehen und insbesondere gemäß § 5 DMSG die vorgesehenen Eigentumsbeschränkungen zu Gunsten des öffentlichen Interesses an der Erhaltung mit den von der Partei vorgebrachten Interessen abzuwägen.

12. Werden Erkenntnisse des Gutachtens von Prof. Fritze aus der ersten Einreichung auch für die aktuelle Einreichung angewendet?

13. Wie wird die bauhistorische Bedeutung des Hauses in der Schwertgasse ein für alle Mal geklärt?

Antwort des Bundesministers:

Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, es ist daher rechtskräftig festgestellt, dass seine Erhaltung wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung im öffentlichen Interesse gelegen ist.