Ende Februar 2016 gaben die Europäische Kommission und die kanadische Regierung bekannt, dass die juristische Überprüfung von CETA, dem EU-Kanada Handelsabkommen, abgeschlossen ist. Sobald der Vertragstext in alle EU-Amtssprachen übersetzt ist, wird dieser dem Rat und dem Europäischen Parlament zur Zustimmung vorgelegt. Wenn CETA als gemischtes Abkommen gewertet wird, braucht es nach Beschlussfassung auf europäischer Ebene auch die Zustimmung aller 28 EU-Mitgliedstaaten.

Im Verhandlungsmandat für die Europäische Kommission wurden audiovisuelle und andere kulturelle Dienstleistungen explizit vom allgemeinen Kapitel über den Dienstleistungshandel ausgenommen und die Kommission verpflichtet, diese im Rahmen eines eigenen Kulturprotokolls – wie beim Abkommen mit Südkorea – zu  regeln. Der Vorteil so einer Regelung wäre, dass Kultur nicht als Wirtschaftsgut behandelt würde und so z.B. vom umstrittenen Schiedsgerichtsverfahren ausgenommen wäre.

Im Laufe der Verhandlungen stellte sich nun aber heraus, dass sich die Vertragsparteien darauf nicht einigen konnten. Die Kommission ließ sich vom Rat jedoch kein neues Verhandlungsmandat geben, sondern schloss CETA ohne weitere Erklärungen und ohne Chance auf ein eigenes Kulturprotokoll ab.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)    Wie bewerten Sie die Tatsache, dass für den Kulturbereich im Rahmen von CETA nicht wie ursprünglich vorgesehen, ein eigenes Protokoll abgeschlossen wurde?

2)    Welche Vor- und Nachteile sehen Sie für die Kultur in Österreich, wenn CETA in der vorliegenden Form beschlossen wird?

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 1 und 2:

CETA enthält eine Reihe von Absicherungen des Kunst- und Kulturbereichs. In der
Präambel ist festgehalten, dass es den Vertragsparteien erlaubt ist, geeignet
erscheinende Maßnahmen in Übereinstimmung mit der UNESCO-Konvention zum
Schutz und zur Förderung kultureller Ausdrucksformen zu ergreifen. Weiters ist der
audiovisuelle Bereich vom Kapitel über Dienstleistungen und Investitionen aus-
genommen, und es ist festgelegt, dass bestehende und künftige Maßnahmen zum
Schutz und zur Förderung des kulturellen Sektors und der sprachlichen Vielfalt nicht
beeinträchtigt werden dürfen. Ein eigenes Protokoll für den Kulturbereich hätte
allerdings die spezielle Rolle kultureller Dienstleistungen klarer hervorgehoben.

3)    Subventionen, so wird von Seiten der Kommission beteuert, sind für öffentliche Dienstleistungen auch weiterhin möglich. Was dabei verschwiegen wird, ist die Tatsache, dass Kanada im Rahmen des Abkommens in Zukunft sogenannte »informelle Konsultationen« einfordern kann, die zu einer »wohlwollenden Prüfung« und dann zum Abbau eben dieser Subventionen führen können. Dabei hat die beklagte Partei, also zum Beispiel Österreich, während des Verfahrens Informationen zu liefern, welche Maßnahmen ergriffen worden sind, um die handelshemmenden Subventionen abzubauen. Von diesem Konsultationsmechanismus, der  harmlos aussieht, wird ein massiver Druck zur Beseitigung öffentlicher Zuwendungen ausgehen auch und gerade im Kulturbereich.

  1. Wie will Österreich verhindern, dass der „wohlwollende“ Konsultationsmechanismus nicht zur Beseitigung der für den Kulturbereich essentiellen Zuwendungen, Förderungen und Subventionen führt?
  2. Welche Chancen und Gefahren für den Kultursektor in Österreich sehen Sie im Hinblick auf Regelungen zu staatlichen Beihilfen in CETA?

Antwort des Bundesministers:

Der Konsultationsmechanismus führt zu keinen weiteren Verpflichtungen der
Vertragspartner. Die Verpflichtung der Vertragspartner besteht in der Prüfung des
jeweiligen Anliegens.

4)    Investoren können gegen einen Staat klagen, wenn sie sich »ungerecht« behandelt fühlen. Amazon führt längst einen unerbittlichen Verdrängungswettbewerb auch in Europa. Gerade prüft das Deutsche Bundeskartellamt eine Beschwerde des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, der Amazon einen Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung beim Vertrieb digitaler Hörbücher vorwirft.

  1. Von welchen Verpflichtungen des CETA-Vertrags sind der Buchhandel und insbesondere die Buchpreisbindung betroffen?
  2. Auf Basis welcher Bestimmungen in CETA können Sie gewährleisten, dass ausländische Unternehmen nicht  gegen die in Österreich geltende Buchpreisbindung vorgehen?

Antwort des Bundesministers:

Nach Einschätzung des zuständigen Bundesministeriums für Wissenschaft,
Forschung und Wirtschaft ist die Buchpreisbindung nicht betroffen.

5)    Kanada hat während der Verhandlungen eine generelle Ausnahme seiner definierten „Creative Industries“ durchgesetzt. Von europäischer Seite wurde der audiovisuelle Bereich aus dem Dienstleistungskapitel und teilweise aus dem Investitionskapitel ausgeklammert.

  1. Mit welchen Argumenten hat Kanada eine generelle Ausnahme seiner „Creative-Industries“ geltend gemacht?
  2. Warum hat die EU auf eine generelle Ausnahme ihrer „Creative-Industries“ verzichtet?
  3. Wie beurteilen Sie die Auswirkungen des Fehlens einer solchen generellen Ausnahme für den Kulturbereich in Österreich?

6)     Im Kapitel „Crossborder Services“ hat Österreich zwei Ausnahmen durchgesetzt – für Bergführer und Schischulen. Darüber hinaus verzichtet Österreich auf Ausnahmen, die Österreich gegenüber der EU geltend gemacht hat,, z.B. für Live-Auftritte, Büchereien, Archive, Theater oder Museen

  1. Warum hat Österreich auf Ausnahmen für kulturelle Dienstleistungen verzichtet?

Antwort des Bundesministers zu den Fragen 5 und 6:

Dass der Schutz der kulturellen Vielfalt heute generell ein sensibleres Thema ist als
noch vor 20 Jahren, beweist nicht zuletzt die eingangs erwähnte UNESCO Konven-
tion 2005. Mit GATS ist Österreich Liberalisierungsverpflichtungen in einigen Kultur-
bereichen eingegangen, die auch für später abgeschlossene Abkommen gelten.