Ende Juni werden in Marrakesch die finalen Verhandlungen für einen Vertrag über Urheberrechtsausnahmen zugunsten von sehbehinderten Personen, den die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) vorgeschlagen hat, stattfinden.Blinde Menschen haben einen limitierten Zugang zu Büchern und damit zu Wissen. Das Ziel des WIPO-Vertrages ist es Menschen mit Sehbehinderung den Zugang zu Büchern zu erleichtern – gleichzeitig gilt es die Interessen der RechteinhaberInnen zu wahren.Bedenken bestehen hinsichtlich der vorgeschlagenen Artikel D und E des Vertrages, die komplizierte Verfahren für Blindenorganisationen vorschreiben. Es wird durch diese Artikel festgelegt, dass der internationale Vertrieb ausschließlich von Blindenorganisationen durchgeführt wird, die allerdings die kommerzielle Verfügbarkeit im Einfuhrland, bzw. das Fehlen eines direkten Vertriebes im Ausland zuvor feststellen müssen. Dies wird den grenzüberschreitenden Buchhandel eher erschweren als erleichtern.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE

 

1) Welche Positionen vertritt Österreich bei den Verhandlungen zum Vertrag über Urheberrechtsausnahmen zugunsten von sehbehinderten Personen (WIPO-Vertrag)?

2) Wie schätzt das Bundesministerium die Möglichkeit von Blindenorganisationen ein, sich im Einklang mit dem derzeitigen Wortlaut der Artikel D und E des Vertragsentwurfes am grenzüberschreitenden Buchhandel zu beteiligen?

Antworten der Bundesministerin zu den Fragen 1. und 2.:

Der Vertrag von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs zu Büchern für blinde, seh- oder anderwärtig lesebehinderte Personen wurde mittlerweile von der Diplomatischen Konferenz am 27. Juni 2013 angenommen. Österreich hat in den Verhandlungen die Position vertreten, dass ein Kriterium der kommerziellen Verfügbarkeit beim grenzüberschreitenden Austausch nicht zwingend vorgesehen werden solle, und dass ein solches Kriterium den Blinden­organisationen in der Praxis keine unüberwindbaren Hindernisse in den Weg legen dürfe. Letztendlich wurde im Vertrag in den Artikeln 5 und 6 (vormals Artikel D und E) auf das Kriterium der kommerziellen Verfügbarkeit überhaupt verzichtet. Die Möglichkeit der dazu befugten Blindenorganisationen, sich am grenzüberschreitenden Austausch von Büchern zu beteiligen, ist damit nicht an übertriebene Restriktionen gebunden und sollte in der Praxis nach Ratifizierung des Vertrags erheblich einfacher werden.

3) Teilt das Bundesministerium die Bedenken, dass eine obligatorische Überprüfung der „kommerziellen Verfügbarkeit“ im Einfuhrland bzw. das Fehlen eines direkten Vertriebes im Ausland den Versand von Büchern ins Ausland erheblich erschweren könnte?

Antwort der Bundesministerin:

Diese Frage ist nur noch von theoretischer Bedeutung, weil der Vertrag nach dem derzeitigen Wortlaut weder eine obligatorische Überprüfung der kommerziellen Verfügbarkeit im Zielstaat, noch eine Übersendung nur an andere autorisierte Organisationen vorsieht (sondern vielmehr einen direkten Versand an die Begünstigten im Zielstaat ermöglicht).