Das Urheberrecht steht vor einer Vielzahl von Herausforderungen.
Neuere Kunstformen machen eine Neudefinition des Begriff s der „freien Werknutzung“
notwendig, die umfassende Verfügbarkeit von Werken aller Art durch das Internet
erfordert neue Herangehensweisen an unseren Umgang mit Inhalten sowie an das
Wesen der Privatkopie und deren Vergütung. Konsumentinnen stehen vor dem
Problem, dass sie häufig nicht wissen, welche Vorgänge im Internet noch legal sind
und welche bereits einen Rechtsverstoß konstituieren. Zugleich wäre ein
wirkungsvolles Urhebervertragsrecht ein zentrales Mittel, um die soziale Lage von
Künstlerinnen zu verbessern.
Merkwürdigerweise konzentriert sich die Debatte in Österreich aber seit Jahren auf
einen Nebenschauplatz, auf die sogenannte Festplattenabgabe, die Ausweitung der
Leermedienabgabe gemäß § 42 b Urheberrechtsgesetz auf Computerfestplatten. Mit
dieser Maßnahme hoffen die sieben Verwertungsgesellschaft en Austro Mechana,
Literar Mechana, LSG, VAM, VBK, VDFS und VRG einen zweistelligen
Millionenbetrag zu lukrieren, der sie für die Verluste entschädigen soll, die seit 2007
durch das Kopieren geschützter Inhalte im Internet entstanden seien.
In der Tat sind die Einnahmen aus der Leermedienabgabe zwischen 2007 und 2013
von rund 17 Millionen auf rund 6,7 Millionen Euro zurückgegangen. Abgesehen von
diesem Faktum zeichnet sich die Diskussion um die Festplattenabgabe allerdings
durch den weitgehenden Verzicht auf empirisches Datenmaterial aus.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Wie hoch waren die Einnahmenverluste, die Urheberinnen im Jahr 2013
aufgrund der Anfertigung von Privatkopien in Österreich hinnehmen
mussten?
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 1 bis 9 und 32:
In dem Beschluss vom 17. Dezember 2013, 4 Ob 138/13t, hält der Oberste Gerichtshof fest,
dass die „Leerkassettenvergütung“ grundsätzlich auch auf Festplatten und generell
multifunktionale Speichermedien Anwendung findet. In diesem Verfahren hatte die beklagte
Verwertungsgesellschaft auf Basis einer Studie vorgebracht, von den rund 11 Mio. Festplatten
in österreichischen Haushalten würden rund 5,3 Mio. für die Speicherung von urheberrechtlich
geschützten Audio- oder Video-Inhalten verwendet werden; auf rund 59,5 % aller Desktop-
PCs befänden sich urheberrechtlich geschützte Audio- oder Video-Inhalte; die
durchschnittliche Anzahl der gespeicherten Musikstücke auf einem Desktop-PC betrage 2.150
Stück, davon seien im Durchschnitt 1.677 Musikstücke urheberrechtlich geschützt; die
durchschnittliche Anzahl der gespeicherten Videos auf dem Desktop-PC betrage 183 Stück,
davon seien im Durchschnitt 42 Videos urheberrechtlich geschützt; 12 % der PC-User, die
Musik auf der internen Festplatte des PCs gespeichert haben, hätten mehr als 5.000
Musikstücke gespeichert, 6 % hätten 10.000 oder mehr Musikstücke gespeichert, die
Spannweite der Messung reiche bis zu 36.246 Musikstücke; 31 % der User, die Musik auf
einer externen Festplatte gespeichert haben, hätten mehr als 5.000 Musikstücke gespeichert,
21 % hätten 10.000 oder mehr Musikstücke gespeichert und 13 % mehr als 20.000, die
Spannweite der Messung reiche bis zu 150.158 gespeicherte Musikstücke.
Der Oberste Gerichtshof hat ausgesprochen, dass sich aus diesen von der Beklagten
vorgebrachten Daten eine Nutzung von Computer-Festplatten im relevanten (d.h. eine
Vergütungspflicht auslösenden) Ausmaß ergeben würde. Ob Computer-Festplatten
tatsächlich in dem von der Beklagten vorgebrachten Ausmaß für die Speicherung von
urheberrechtlich geschütztem Material verwendet werden, wird diese im fortgesetzten
Verfahren zu beweisen haben. Dem Erstgericht wurde aufgetragen, diesbezüglich
gegebenenfalls ein Sachverständigen-Gutachten einzuholen.
Viele der in Frage 1 bis 9 angesprochenen Daten werden nun in dem laufenden Verfahren,
anlässlich dessen der Oberste Gerichtshof die Grundsatzentscheidung getroffen hat, zu
erheben und vom Gericht zu würdigen sein.
Die Abgeltung der Ausnahme für die private Vervielfältigung ist uns über das Erfordernis eines
„gerechten Ausgleichs“ nach Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter
Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft
auch europarechtlich vorgegeben. Der EuGH geht nach einer jüngsten Entscheidung (Urteil
vom 10. April 2014 in der Rechtssache C-435/12 ACI Adam BV u. a./Stichting de Thuiskopie,
Stichting Onderhandelingen Thuiskopie vergoeding) allerdings davon aus, dass eine legale
Privatkopie nur auf Grundlage einer legalen Quelle möglich ist, und dass Kopien aus illegaler
Quelle für die Festsetzung der Tarife für die Privatkopievergütungen keine Rolle spielen
dürfen. Wie weit sich dieser Umstand, der auch in Frage 7 angesprochen wird, auf das derzeit
laufende Gerichtsverfahren auswirkt, muss der unabhängigen Rechtsprechung überlassen
bleiben.
Die Abgeltung in der Form einer Vergütung auf Speichermedien, Kopiergeräte und bestimmte
Großbetreiber existiert derzeit in 22 der 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Im Zuge
der laufenden Diskussion wurden aber auch andere Vorschläge für die Umsetzung des
gerechten Ausgleichs eingebracht, die es wert sind, geprüft zu werden.
2. Welche diesbezüglichen Schätzungen und Projektionen existieren in Ihrem
Ministerium für die Jahre 2014 und 2015?
3. Auf Basis welcher Studien oder empirischen Grundlagen soll das
Urheberrechtsgesetz diesbeezüglich novelliert werden?
4. Wie hoch ist der durchschnittliche Anteil des Speichervolumens auf
Festplatten in Österreich, der für Privatkopien verwendet wird?
5.
Auf wie viele Petabyte summiert sich dieser Anteil insgesamt?
6. Welche Untersuchungen oder empirische Grundlagen liegen diesen Zahlen
zugrunde?
7. Wie hoch ist der durchschnittliche Anteil des Speichervolumens auf
Festplatten in Österreich, der für sogenannte Raubkopien verwendet wird?
8. Auf wie viele Petabyte summiert sich dieser Anteil insgesamt?
9. Welche Untersuchungen oder empirische Grundlagen liegen diesen Zahlen
zugrunde?
10. Wie hoch waren die durchschnittlichen Einnahmen aus Tantiemen von
Bezugsberechtigten bei der Austro Mechana im Jahr 1993? Wir ersuchen um
Übermittlung des Medians und des Mittelwerts.
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 10 bis 29:
Die Zahlen beziehen sich ausschließlich auf die Bezugsberechtigten der Austro-Mechana
bzw. Literar-Mechana mit in- oder ausländischem (Wohn-)sitz. Weiterleitungen an
ausländische Gesellschaften wurden nicht berücksichtigt. Zu beachten ist, dass die
aufgeführten Beträge die im angefragten Jahr ausgeschütteten Gelder darstellen, die im
Vorjahr eingehoben wurden.
11. Welcher Anteil entfiel dabei auf die Leerkassettenvergütung?
Antwort des Bundesministers:
Die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen pro Bezugsberechtigten lagen im Jahr 1993 bei
umgerechnet EUR 2.722,14. Der Median lag bei EUR 83,36. Auf die Leerkassettenvergütung
entfielen dabei 5,99 %.
12. Wie hoch waren die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen von
Bezugsberechtigten bei der Austro Mechana im Jahr 1998? Wir ersuchen um
Übermittlung des Medians und des Mittelwerts.
13. Welcher Anteil entfiel dabei auf die Leerkassettenvergütung?
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 12 und 13:
Die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen pro Bezugsberechtigten lagen im Jahr 1998 bei
umgerechnet EUR 2.891,66. Der Median lag bei EUR 82,60. Auf die Leerkassettenvergütung
entfielen dabei 2,13 %.
14. Wie hoch waren die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen von
Bezugsberechtigten bei der Austro Mechana im Jahr 2003? Wir ersuchen um
Übermittlung des Medians und des Mittelwerts.
15. Welcher Anteil entfiel dabei auf die Leerkassettenvergütung?
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 14 und 15:
Die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen pro Bezugsberechtigten lagen im Jahr 2003 bei
umgerechnet EUR 2.268,85. Der Median lag bei EUR 48,38. Auf die Leerkassettenvergütung
entfielen dabei 8,15 %.
16. Wie hoch waren die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen von
Bezugsberechtigten bei der Austro Mechana im Jahr 2008? Wir ersuchen um
Übermittlung des Medians und des Mittelwerts.
17. Welcher Anteil entfiel dabei auf die Leerkassettenvergütung?
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 16 und 17:
Die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen pro Bezugsberechtigten lagen im Jahr 2008 bei
umgerechnet EUR 1.640,75. Der Median lag bei EUR 30,95. Auf die Leerkassettenvergütung
entfielen dabei 10,33 %.
18. Wie hoch waren die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen von
Bezugsberechtigten bei der Austro Mechana im Jahr 2013? Wir ersuchen um
Übermittlung des Medians und des Mittelwert s.
19. Welcher Anteil entfiel dabei auf die Leerkassettenvergütung?
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 18 und 19:
Die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen pro Bezugsberechtigten lagen im Jahr 2013 bei
umgerechnet EUR 1.019,19. Der Median lag bei EUR 14,96. In diesem Jahr wurden jedoch
ebenso Nachverrechnungen aus den Geschäftsjahren 2009-2011 mit ausgeschüttet. Auf die
Leerkassettenvergütung entfielen dabei 3,72 %. Ohne Nachverrechnung betrug der
Prozentsatz 5,8 %.
20. Wie hoch waren die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen von
Bezugsberechtigten bei der Literar Mechana im Jahr 1993? Wir ersuchen um
Übermittlung des Medians und des Mittelwert s.
21. Welcher Anteil entfiel dabei auf die Leerkassettenvergütung?
22. Wie hoch waren die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen von
Bezugsberechtigten bei der Literar Mechana im Jahr 1998? Wir ersuchen um
Übermittlung des Medians und des Mittelwerts.
23. Welcher Anteil entfiel dabei auf die Leerkassettenvergütung?
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 20 bis 23:
Es stehen für den Zeitraum vor 2001 keine elektronisch auswertbaren Daten zur Verfügung.
24. Wie hoch waren die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen von
Bezugsberechtigten bei der Literar Mechana im Jahr 2003? Wir ersuchen um
Übermittlung des Medians und des Mittelwerts.
25. Welcher Anteil entfiel dabei auf die Leerkassettenvergütung?
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 24 und 25:
Die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen pro Bezugsberechtigten lagen im Jahr 2003 bei
EUR 815,12. Der Median lag bei EUR 240,28. Davon entfielen auf die
Leerkassettenvergütung 2,14 %, auf die Reprografievergütung 35,03 %.
26. Wie hoch waren die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen von
Bezugsberechtigten bei der Literar Mechana im Jahr 2008? Wir ersuchen um
Übermittlung des Medians und des Mittelwerts.
27. Welcher Anteil entfiel dabei auf die Leerkassettenvergütung?
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 26 und 27:
Die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen pro Bezugsberechtigten lagen im Jahr 2008 bei
EUR 819,23. Der Median lag bei EUR 232,61. Davon entfielen auf die
Leerkassettenvergütung 1,72 %, auf die Reprografievergütung 46,07 %.
28. Wie hoch waren die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen von
Bezugsberechtigten bei der Literar Mechana im Jahr 2013? Wir ersuchen um
Übermittlung des Medians und des Mittelwerts.
29. Welcher Anteil entfiel dabei auf die Leerkassettenvergütung?
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 28 und 29:
Die durchschnittlichen Tantiemeneinnahmen pro Bezugsberechtigten lagen im Jahr 2013 bei
EUR 774,17. Der Median lag bei EUR 199,61.
Davon entfielen auf die Leerkassettenvergütung 0,99 %, auf die Reprografievergütung 43,51 %.
30. Was ist Ihre Erklärung dafür, dass die Einnahmen aus der
Leerkassettenabgabe zwischen 2003 und 2008 trotz einer deutlichen
Reduktion des Umfangs dessen, was als Privatkopie gilt, anstiegen,
wohingegen die Beträge zwischen 1995 und 2002 einigermaßen konstant
blieben?
Antwort des Bundesministers:
Die Einnahmen aus der Leerkassettenvergütung sind zwischen 1995 (6,968 Mio Euro) und
2001 (7,206 Mio Euro) relativ konstant geblieben. Der starke Anstieg 2002 (10,993 Mio Euro)
und 2003 (16,381 Mio Euro) ist zum großen Teil auf die einfachere Vervielfältigung digitaler
Daten, die um die Jahrtausendwende eingesetzt hat, zurückzuführen. Während bis etwa 2002
die Medien, die der Vergütungspflicht unterlagen, gesamt 60 Mio. Gigabyte Speicherkapazität
fassten, stieg die Speicherkapazität im Jahr 2004 auf erstmals über 100 Mio. Gigabyte.
Insbesondere durch den Verkauf von CDR und DVD-Leermedien ist das Aufkommen in
diesen Jahren gestiegen. Es kam auch zu keiner nennenswerten „Reduktion des Umfangs
dessen, was als Privatkopie gilt“. Mit der Urheberrechtsgesetz-Novelle 2003 wurde in
Umsetzung der Info-RL 2001/29/EG im Wesentlichen die Vervielfältigung zum eigenen
Gebrauch eingeschränkt; bei der Vervielfältigung zum privaten Gebrauch wurde lediglich
klargestellt, dass diese nicht zu kommerziellen Zwecken geschehen darf. Die Anzahl der
Daten, die zum privaten Gebrauch vervielfältigt wurden, ist aber keineswegs zurückgegangen,
sondern im Gegenteil gestiegen.
31. Aufgrund welcher Berechnungen sind Sie der Ansicht, eine Ausweitung der
Leerkassettenabgabe auf Computerf estplatten würde die ökonomische
Situation österreichischer Künstlerinnen und Künstler deutlich verbessern?
Antwort des Bundesministers:
Da die Erträge aus der Leerkassettenvergütung von den Verwertungsgesellschaften unter den
Urhebern aufzuteilen ist, bedeutet jede Steigerung der Einkünfte der
Verwertungsgesellschaften aus der Leerkassettenvergütung eine Steigerung des
Tantiemenaufkommens der Rechteinhaber und damit eine Verbesserung ihrer ökonomischen
Situation. Es ist auch unionsrechtlich vorgegeben, dass der gerechte Ausgleich jenen
Rechteinhabern zukommen muss, denen durch die Möglichkeit der Privatkopie Einnahmen
entgehen. Deshalb sprechen sich viele Kunstschaffende für die Einhebung der Vergütung auf
diese Speichermedien aus.
32. Aus welchen Gründen planen Sie eine Neufassung von § 42 b
Urheberrechtsgesetz, wiewohl der OGH (4 Ob 138/13t) festgestellt hat, dass
einer Vergütung von multifunktionalen Speichermedien durch die
Leerkassettenabgabe ohnehin nichts im Wege steht?
33. Befürworten Sie die Kennzeichnungspflicht für die geleistete
Leerkassettenabgabe auf Kaufbelegen?
34. Wenn nein, warum nicht?
35. Wenn ja, warum existiert eine solche Kennzeichnungspflicht noch nicht?
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 33 bis 35:
§ 54d des deutschen Urheberrechtsgesetz sieht eine Verpflichtung vor, in Rechnungen über
die Veräußerung von Geräten und Speichermedien auf die Vergütung hinzuweisen, wenn
nach dem Umsatzsteuergesetz eine Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung besteht, also
dann, wenn die Umsätze an einen anderen Unternehmer oder an eine juristische Person
ausgeführt werden. Eine ähnliche Regelung könnte auch in Österreich erwogen werden, da
sie die Durchsetzung des Rückersatzanspruchs erleichtert.
36. Wie lässt sich von einem E-Book, etwa auf einem Kindie, eine Privatkopie
anfertigen?
37. Wie lässt sich von einer kopiergeschützten OVO eine Privatkopie anfertigen?
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 36 und 37:
Die Beantwortung dieser Fragen ist für die Grundsatzentscheidung, wie die Vergütung für
Trägermaterial gesetzestechnisch auszugestalten ist, nicht relevant. Die Vergütung ist schon
nach geltendem Recht dann einzuheben, wenn von einem Werk, das auf einem zu
Handelszwecken hergestellten Speichermedium festgehalten worden ist, seiner Art nach zu
erwarten ist, dass es zum eigenen oder privaten Gebrauch vervielfältigt wird. Solange also
beispielsweise Werke der Literatur, der Musik oder der Filmkunst zum privaten Gebrauch
vervielfältigt werden können, wird der Anspruch nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil
einzelne zu Handelszwecken hergestellte Speichermedien eine private Vervielfältigung im
Einzelfall nicht zulassen, solange es noch Mittel und Wege gibt, von diesen Werkarten
Privatkopien herzustellen. Erst auf der Ebene der Bemessung der Vergütung ist auf das
Ausmaß Bedacht zu nehmen, in dem die Speichermedien und Geräte durchschnittlich für
Vervielfältigungen zum eigenen oder privaten Gebrauch genutzt werden. Ebenso ist das
Gesamtausmaß solcher Nutzungen in Rechnung zu stellen, wobei auch die Auswirkungen der
Anwendung technischer Schutzmaßnahmen auf die Nutzung der betreffenden Werke für
vergütungspflichtige Vervielfältigungen zu berücksichtigen sind. Nach derzeitigem Stand kann
keineswegs gesagt werden, dass eine Vervielfältigung zum privaten oder eigenen Gebrauch
flächendeckend technisch unmöglich ist.
38. Halten Sie Österreichs Verwertungsgesellschaften für ausreichend
transparent?
39. Halten Sie es für einen zufriedenstellenden Zustand, dass Österreichs
Verwertungsgesellschaften die Vergütungstarife einseitig festlegen können,
wenn es auf dem Verhandlungsweg zu keiner Einigung mit der
Wirtschaftskammer kommt?
40. Befürworten Sie die (Wieder-)Einführung eines Regulators für die
Verwertungsgesellschaften?
41. Wenn nein, warum nicht?
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 38 bis 41:
Mit dem Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 sind erst vor kurzem
Transparenzverpflichtungen der Verwertungsgesellschaften eingeführt worden, wobei hier die
österreichische Gesetzeslage beispielhaft ist. Durch die anstehende Umsetzung der Richtlinie
2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten
bis 10. April 2016 wird ein weiterer Schritt in Richtung Transparenz der
Verwertungsgesellschaften erreicht werden. Die Aufsicht über Verwertungsgesellschaften wird
von der Aufsichtsbehörde nach § 28 VerwGesG wahrgenommen, die über umfassende
Befugnisse verfügt (§ 9 VerwGesG). Darüber hinaus kann nach § 27 VerwGesG der
Urheberrechtssenat angerufen werden, wenn Verhandlungen zwischen
Verwertungsgesellschaften und Nutzerorganisationen erfolglos bleiben. Streitigkeiten
zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzerorganisationen darüber, ob ein Leermedium
der Vergütungspflicht unterliegt, werden vor den ordentlichen Gerichten ausgetragen. Fraglich
ist, für welchen darüber hinausgehenden Aufgabenbereich ein Regulator betraut werden
sollte.
42. Was ist Ihre Position zur Einführung des Auskunftsanspruchs (bei Service
Providern) bei Verdacht auf Urheberrechtsverletzung?
43. Befürworten Sie die Einführung einer Bagatellklausel?
44. Wenn ja, wie sollte diese ausgestaltet sein?
45. Wenn nein, warum nicht?
Antwort des Bundesministers zu den Fragen 42 bis 45:
Mit der Urheberrechtsgesetz-Novelle 2003 wurde in das Urheberrechtsgesetz ein besonderer
Auskunftsanspruch eingeführt, der der Durchsetzung urheberrechtlicher Ansprüche im
Internet dienen soll. Damit konnte der verletzte Rechteinhaber den „Vermittler“ (also den
Provider) um Auskunft über die Identität des Verletzers (Name und Anschrift) oder um die zur
Feststellung des Verletzers erforderlichen Auskünfte ersuchen. Der Oberste Gerichtshof hat
aber zwischenzeitig diesem Auskunftsanspruch mit dem Argument die Grundlage entzogen,
dass aus datenschutzrechtlichen Gründen eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zur
Speicherung von hiefür erforderlichen Verkehrsdaten erforderlich sei (14.7.2009, 4 Ob
41/09x). Von Seiten der Rechteinhaber wird dazu dringend eine Ersatzregelung gefordert.
Der Auskunftsanspruch nach Art. 8 der Richtlinie 2004/48/EG erfasst mit den Personen, „die
nachweislich für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen in gewerblichem
Ausmaß erbrachten“ (Art. 8 Abs. 1 lit. c) durchaus auch Accessprovider bzw. Vermittler im
Sinn des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG. Ihre Verpflichtung, Auskünfte über den
„Ursprung von Dienstleistungen, die ein Recht des geistigen Eigentums verletzen“ zu erteilen,
kann durchaus als Verpflichtung verstanden werden, Auskünfte über die Quelle von
rechtsverletzenden Inhalten zu erteilen, die gemäß § 18a UrhG im Internet zur Verfügung
gestellt werden. Letztlich muss der nationale Gesetzgeber auch wirksame Rechtsbehelfe
gegen die Verletzung des durch Art. 3 der Richtlinie 2001/29/EG harmonisierten
Zurverfügungstellungsrechts vorsehen.
Nach dem Europäischen Gerichtshof müssen Mitgliedstaaten bei der Umsetzung u. a. der
Richtlinien 2002/58 und 2004/48 ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den
verschiedenen durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten sicherstellen.
Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten dürfen bei Durchführung der Maßnahmen zur
Umsetzung dieser Richtlinien nicht nur ihr nationales Recht im Einklang mit ihnen auslegen,
sondern müssen auch darauf achten, dass sie sich nicht auf eine Auslegung der Richtlinien
stützen, die mit den genannten Grundrechten oder anderen allgemeinen Grundsätzen des
Unionsrechts, wie etwa dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, kollidiert (Urteil 19.4.2012
C-461/10 Bonnier, Rz 56). Rechtsvorschriften, die es einem nationalen Gericht bei einem
Antrag auf Weitergabe personenbezogener Daten ermöglichen, anhand der Umstände des
Einzelfalls und unter gebührender Berücksichtigung der sich aus dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit ergebenden Erfordernisse eine Abwägung der einander
gegenüberstehenden Interessen vorzunehmen, sind nach der Rechtsprechung des EuGH
grundsätzlich geeignet, um ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Schutz des dem
Urheberrechtsinhaber zustehenden Rechts des geistigen Eigentums und dem Schutz
personenbezogener Daten, den ein Internetteilnehmer oder -nutzer genießt, sicherzustellen
(Urteil 19.4.2012 C-461/10 Bonnier).
Was die Einführung einer „Bagatellklausel“ betrifft, so soll meiner Ansicht nach der private
Nutzer nach der gebotenen Abwägung der Grundrechtsinteressen weder kriminalisiert, noch
überzogenen zivilrechtlichen Forderungen ausgesetzt werden.
46. In welcher Form werden Sie sich auf europäischer Ebene für eine Novelle
der sogenannten InfoSoc-Richtlinie einsetzen?
Antwort des Bundesministers:
Ich werde mich dafür einsetzen, dass der Vertrag von Marrakesch zur Erleichterung des
Zugangs zu veröffentlichten Werken für blinde, sehbehinderte oder sonst lesebehinderte
Personen in der Informations-Richtlinie umgesetzt wird.